Der Alpine Skiweltcup 2017/18 ist Geschichte. Die von den Olympischen Winterspielen in Pyongchang geprägte Skisaison brachte viele Höhepunkte, manche Überraschungen und auch durchaus Erwartbares. Zu Letzterem zählte mit Sicherheit der Gewinn des Nationencups durch Österreich. Auch die Mannschaftswertungen bei den Damen und Herren gingen an die – laut Eigendefinition – „Skination Nr. 1“, wobei der Abstand in der Damenwertung gegenüber der zweitplatzierten Schweiz gerade einmal 134 Punkte ausmachte.
Die wichtigste technische Neuerung betraf zu Beginn der Saison in Sölden den Skiradius im Herren-Riesenslalom, der von 35 auf 30 Meter verringert wurde, um die körperliche Belastung etwas auszugleichen. Dass die Verletzungsgefahr dennoch sehr hoch bleibt, zeigten zahlreiche Ausfälle während der Saison, allen voran jener von Felix Neureuther nach einem Kreuzbandrisse am 25. November 2017.
Weitere prominente Opfer waren Stefan Luitz, Roland Leitinger, Elena Curtoni, Marie-Michèle Gagnon und Jacqueline Wiles. Für diese Athletinnen und Athleten war die Olympiasaison vorzeitig beendet. Dies gilt auch für Elena Fanchini, die im Jänner aufgrund eines Tumors während der Saison aus dem Skiweltcup ausstieg. Bei den Olympischen Spielen selbst verletzten sich die Schweizerin Mélanie Meillard und der Österreicher Stefan Brennsteiner.
Es war auch ein traurige und eine von die schwierigsten alpin Skirennsaisonen seit Jahrzehnten. Das tragischste Ereignis der Wintersaison ereignete sich schon am 13. November 2017 in Kanada. Der französische Speedfahrer David Poisson verletzte sich beim Training und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Er hinterlässt seine Ehefrau und einen einjährigen Sohn. Ein Par Wochen später würde eben falls in Kanada ein Deutscher Junioren Athleten Max Burkhart beim NorAm-Cup tödlich verunglückt.
Zwei Ausnahmesportler dominierten die Skisaison 2017/18 in eindrucksvoller Weise. Bei den Damen ist Mikaela Shiffrin die überragende Athletin der Gegenwart. Mit 23 Jahren ist sie schon eine der erfolgreichsten Athletinnen der Geschichte, die 43 Weltcupsiege zu Buche stehen hat. Zum zweiten Mal in Folge gewann sie in überragender Manier den Gesamtweltcup. Die Schweizerin Wendy Holdener belegte den zweiten Platz, gefolgt von der Deutschen Viktoria Rebensburg. Das männliche Pendant zu Shiffrin ist Marcel Hirscher. Als erster alpiner Skirennläufer gelang ihm das Kunststück, den Gesamtweltcup siebenmal zu gewinnen – und das in ununterbrochener Folge von 2012 bis 2018.
In dieser Saison folgten ihm mit Hendrik Kristoffersen, Aksel Lund Svindal und Kjetill Jansrud gleich drei Norweber auf den Plätzen zwei bis vier. In Pyongchang gewann Hirscher auch seine ersten Goldmedaillen bei Olympischen Spielen, in der Kombination und im Riesenslalom. Er hält bei 58 Weltcupsiegen, denen wohl noch viele weitere folgen können, da er sich über seine weitere Karriere immer sehr bedeckt hält. Mit 13 Siegen in einer Saison egalisierte Hirscher einen Rekord von Hermann Maier und Ingemar Stenmark. Ein möglicher 14. Sieg blieb ihm durch die Absage des letzten Rennens, den Slalom in Aare, verwehrt.
Auch die prominenteste Rückkehrerin nach einer Verletzung, die US-Amerikanerin Lindsey Vonn, setzte ihre Jagd nach Rekorden fort. Nach dem Ende der abgelaufenen Saison steht sie bei 82 Weltcupsiegen und ist damit dem Allzeit-Rekord von Ingemar Stenmark (86 Siege) schon sehr nahe gerückt. Ihre große Sammlung an Medaillen bei Großereignissen ergänzte sie in Pyongchang mit einer Bronzemedaille in der Abfahrt.
Einige Aufsteigerinnen und Aufsteiger konnten in dieser Saison erstmals für Furore sorgen. Die spektakulärste Leistung bei den Damen bot mit Sicherheit die Tschechin Ester Ledecka. Völlig überraschend gewann sie bei den Olympischen Winterspielen Gold im Super-G (mit Startnummer 26). Dazu folgte eine weitere Goldmedaille im Snowoard-Parallelbewerb. Dieses Kunststück wird ihr so schnell mit Sicherheit niemand nachmachen. Zu den großen positiven Überraschungen der Saison zählte auch die Norwegerin Ragnhild Mowinckel. Sie erreichte die erste olympische Medaille für Norwegen bei alpinen Bewerben der Damen seit 1936. Ihre Saison körnte sie mit ihrem ersten Sieg und zwei olympischen Silbermedaillen.
Als Aufsteiger des Jahres bei den Herren kann man wohl den Deutschen Thomas Dressen ansehen. Bisher eher ein solider Platzfahrer, katapultierte er sich mit seinem Sieg bei der Hahnenkamm-Abfahrt am 20. Jänner mitten in die Weltspitze und war gleichzeitig der erste deutsche Kitzbühel-Sieger seit 39 Jahren. Mit einem weiteren Sieg in Kvitfjell und dem dritten Platz im Abfahrtsweltcup untermauerte er eindrucksvoll, dass sein Sieg keinesfalls ein Zufall war. Als weiterer Neuling in den Siegerlisten konnte sich der Schweizer Ramon Zenhäusern einen Namen machen. Er gewann das City Event in Stockholm und krönte seine Saison mit der Silbermedaille beim Olympia-Slalom und der Goldmedaille beim olympischen Teamevent.
Aus Schweizer Sicht sind darüber hinaus vor allem die Leistungen von Wendy Holdener bei den Damen und Beat Feuz bei den Herren zu erwähnen. Letzterer konnte sich erstmals im Abfahrtsweltcup durchsetzen. Schweizer Loic Meillard würde am ende des Saisons als Nachwuchs-Talent des Jahres von Longines gekrönt.
Prominente Abschiede aus dem alpinen Skiweltcupzirkus gab es vor allem bei den Damen. Nach fast dreijähriger Verletzungspause versuchte sich Julia Mancuso, eine der erfolgreichsten Athletinnen der USA, im Dezember 2017 an einem Comeback. In ihrem 399. Weltcuprennen verabschiedete sie sich am 19. Jänner in Cortina d´Ampezzo endgültig vom Renngeschehen. Die Österreicherin Michaela Kirchgasser und die Slowakin Veronika Velez-Zuzulova taten es ihr am 10. März beim Slalom in Ofterschwang gleich, was dieses Rennen zu einem der emotionalen Höhepunkte machte. Manuela Mölgg sagte in Are zum Skizirkus Adieu. In April beendete auch Österreicherin Carmen Thalmann überraschend ihre Karriere.
An solchen Höhepunkten wird es hoffentlich auch ab Ende Oktober 2018 nicht mangeln – denn dann startet in Sölden der Alpine Skiweltcup in seine 53. Saison.
Text: skionline/Christof Thöny
Foto: Agence Zoom
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