Mit 1.038 Punkten war der Vorsprung dann doch wesentlich deutlicher als man es während der Saison erwarten hatte können. Erstmals seit genau 30 Jahren konnte die Schweiz den Nationencup des Alpinen Skiweltcups für sich entscheiden. Die oft hochstilisierte Rivalität mit Österreich ist damit um eine Facette reicher geworden. Seit 1973 ist diese Auszeichnung jedes Jahr an eine der beiden Nationen gegangen, in welchen diese Sportart sicherlich den höchsten Stellenwert besitzt. In den Anfangsjahren des Alpinen Skiweltcups hatte Frankreich den Nationencup dominiert.
Für Urs Lehmann, seit 2006 Mitglied des Präsidiums des Schweizer Skiverbands und seit 2008 dessen Präsident, bedeutete der Gewinn des Nationencups den „vielleicht größten und schönsten Moment“ in seiner Karriere als Funktionär. Von Beginn an sei es seine Vision gewesen, in dieser Wertung wieder die Nummer 1 zu werden. Die konsequente Arbeit habe sich nun bezahlt gemacht, wobei Lehmann vor allem auch die Bedeutung des Wir-Gefühls im Verband unterstrich. Für die Tatsache, dass nicht alle Athleten mit dem Nationencup etwas anfangen können, zeigte der einstige Rennläufer Verständnis, auch wenn er die Hoffnung habe, dass die Beutung – gerade auch für Sponsoren – „irgendwann alle begriffen haben werden.“
Österreich hatte es den Schweizern in diesem Jahr vergleichsweise einfach gemacht. In den vergangenen Jahren hatte der ÖSV die Wertung zumeist mit deutlich mehr als 10.000 Punkten gewonnen, wobei natürlich Marcel Hirscher jeweils einen bedeutenden Anteil hatte. Sein Rücktritt, aber auch zahlreiche Verletzungen trugen zu einer alpinen Misere in Österreich bei, die sich nicht nur im Verlust des Nationencups, sondern auch an der Tatsache ablesen lässt, dass auch kein einziger Disziplinenweltcup gewonnen werden konnte.
Dabei ist ausgerechnet ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel dafür bekannt, dass er dieser oft vernachlässigten Wertung stets besondere Bedeutung beigemessen hatte. Schon früh in der Saison begannen jeweils seine Berechnungen in dieser Hinsicht, und in seiner mittlerweile 30-jährigen Laufbahn als Präsident konnte der Nationencup bisher immer gewonnen werden. Für heuer sei diese Sache aber abgehakt, ließ Schröcksnadel verlautbaren. Die Konzentration sei bereits jetzt trotz der Corona-Krise ganz auf die nächste Saison ausgerichtet.
Der Konkurrenz zwischen der Schweiz und Österreich können beide Präsidenten sehr viel abgewinnen, denn diese belebe das Geschäft. Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung erzählte Urs Lehmann von einer seiner ersten Amtshandlungen als Präsident des Schweizer Skiverbands 2008. Er besuchte Peter Schröcksnadel in Österreich, da er von ihm lernen wollte. Dieser habe ihm gesagt, er müsse sich darum kümmern, dass beide Nationen wieder auf Augenhöhe sind, da es nichts Besseres für den Skisport gäbe als einen Zweikampf zwischen Österreich und der Schweiz. 12 Jahre später hat sich das nun endgültig eingestellt.
Quellen: nzz.ch, derstandard.at
Foto: Agence Zoom
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