Warth ist mit fast 1.500 Metern Seehöhe die höchstgelegene Gemeinde des Bundeslandes Vorarlberg. Bei heute etwas mehr als 160 Einwohnern fällt die hohe Dichte an Skisportlern auf, die in den vergangenen Jahrzehnten von hier stammten und in unterschiedlichen Disziplinen erfolgreich waren. Angesichts der langen Winter und der hohen Schneemengen in Warth ist dies allerdings auch nicht verwunderlich. Schon vor 125 Jahren wurde im Winter 1894/95 mit Pfarrer Johann Müller der erste Skiläufer in diesem Ort dokumentiert. In den 1920er Jahren fanden die ersten Skitouristen den Weg nach Warth, zunächst vor allem Studentinnen und Studenten der Universität Berlin. Die Eröffnung des modernen Hotels Biberkopf setzte 1928 einen ersten Meilenstein der touristischen Entwicklung. In jene Zeit fallen auch die Anfänge der lokalen Skischule. Aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit von Warth entwickelte sich der Wintertourismus allerdings weit langsamer als beispielsweise im Nachbarort Warth. Durch die Bemühungen von Bürgermeister Meinrad Hopfner begann 1964 die Erschließung des Skigebiets mit dem Bau des Steffisalp-Liftes. Rund ein halbes Jahrzehnt später verdiente sich Wiltrud Drexel ihre ersten Sporen als Skirennläuferin. Ihre Karriere krönte sie mit dem Gewinn der Bronzemedaille in der Abfahrt bei den Olympischen Winterspielen in Sapporo 1972.
Zu diesem Zeitpunkt war Hubert Strolz gerade zehn Jahre alt. Er ging noch in Warth zur Schule, wo der Turnunterricht von Meinrad Hopfner (dieser war nicht nur Bürgermeister, sondern auch Lehrer im Ort) im Winter stets auf der Skipiste stattfand. Sein Vater Ewald war in der örtlichen Skischule beschäftigt. Er hatte schon in den 1950-er Jahren die Staatliche Skilehrerprüfung absolviert. Die Freude am Skilaufen hatte er seinem Sohn wohl vererbt. Das Talent zeigte sich bei Schülerskirennen sehr früh. Den Eltern wurde nahegelegt, ihren Sohn doch in die neue Skihauptschule in Schruns zu schicken. „Das war mit einigen Herausforderungen verbunden“, erinnert sich Hubert Strolz. „Mein Vater hatte damals noch keinen Führerschein und musste erst die Fahrprüfung absolviert. Im Winter war Schruns von Warth aus nur sehr schwer zu erreichen. Zudem hatte ich in der Anfangszeit schreckliches Heimweh.“ Der Schritt sollte sich jedoch lohnen, konnte der junge Strolz doch schon als Nachwuchsläufer mit 19 Jahren im Weltcup Fuß fassen. Im Laufe der 1980-er Jahre avancierte er zu einem der erfolgreichsten Läufer des österreichischen Nationalteams. Seine beste Saison fuhr er 1988. In diesem Jahr gewann er mit der Kombination nicht nur ein Weltcuprennen, im Februar des Jahres schlug auch seine große Stunde bei den Olympischen Winterspielen in Calgary. Er gewann die Goldmedaille in der Kombination, wurde im Riesenslalom hinter Alberto Tomba Zweiter und verpasste eine dritte Medaille im Super-G nur knapp. In seinem Heimatort Warth herrschte ob dieser Erfolge Ausnahmezustand. Vier Jahre später wäre Hubert Strolz beinahe der erste erfolgreiche Titelverteidiger eines Olympiasieges in alpinen Skirennlauf geworden. Den Sieg vor Augen schied er im entscheidenden Slalom von Albertville nur wenige Tore vor dem Ziel aus. Seine Karriere als Skirennläufer beendete er 1994 nach 14 Saisonen im Weltcup.
Johannes Strolz war gerade eineinhalb Jahre alt, als sein Vater dem Rennsport den Rücken kehrte. „Eigentlich ist mir erst relativ spät bewusst geworden, welche großartigen Erfolge er feiern konnte und was das damals bedeutet hat“, meint er heute in der Rückschau. Vergleicht man die Karrieren der beiden, sind einige Parallelen zu erkennen. Auch bei Johannes zeigte sich sehr früh sein Talent bei lokalen und regionalen Schülerskirennen. „Wir waren einige Nachwuchsläuferinnen und -läufer in Warth und haben uns gegenseitig gepusht“, erzählt der Sohn des Olympiasiegers. Auch er besuchte schließlich wie sein Vater die Skihauptschule in Schruns. Im Skigymnasium Stams wurde er in weiterer Folge in den Nachwuchskader des ÖSV aufgenommen. Erste Erfolge stellten sich ein, vor allem der Gewinn der Bronzemedaille im Super-G bei den Alpinen Ski-Juniorenmeisterschaften 2012. Im Alter von 21 Jahren gab Johannes Strolz 2013 sein Weltcup-Debüt. In den folgenden Jahren folgten vereinzelte Starts bei Weltcuprennen und schließlich der erste Punktegewinn 2018. Vor allem versuchte der junge Warther aber, konsequent im Europacup Fuß zu fassen. Die Bemühungen machten sich schließlich in der Saison 2017/18 bezahlt, in der er die Gesamtwertcup gewinnen konnte und sich damit einen fixen Startplatz für die folgende Weltcupsaison sicherte. Sein bisher bestes Resultat im Weltcup erzielte er im Februar 2019 mit Rang 12 in der Kombination von Bansko. „In der kommenden Saison möchte ich mich vor allen in der Starliste im Riesenslalom und Slalom verbessern“ blickt der Warther auch schon in die Zukunft. Sein Vater steht ihm dabei stets zur Seite. „Er ist seinen Weg bisher sehr konsequent gegangen und wird dies auch weiter tun. Vor allem seine solide Technik wir ihm dabei zu Gute kommen“, ist Hubert Strolz von den Qualitäten seines Sohnes überzeugt.
Der Olympiasieger von 1988 ist selbst jeden Winter häufig auf den Skipisten von Warth anzutreffen. Bis 2009 leitete er die örtliche Skischule, heute ist er immer noch als Skilehrer tätig. Außerdem ist er leidenschaftlicher Bergbauer. In der Landwirtschaft hilft auch sein Sohn Johannes mit, wenn es die Zeit zwischen dem Training zulässt. Vielleicht werde er diese auch einmal übernehmen, meint er, wenn man nach seinen Zukunftsplänen fragt. Vorerst widmet er aber seine ganze Konzentration dem alpinen Skirennsport.
Text und Foto: Christof Thöny
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