APA, CT – Thomas Dreßen hat sich für seinen ersten Weltcup-Sieg gleich die berühmteste Strecke der Welt ausgesucht. Der Mittenwalder sorgte am Samstag für den ersten deutschen Triumph auf der Streif seit 1979. Dahinter landeten mit 0,20 Sekunden Rückstand der Weltmeister Beat Feuz sowie der Salzburger Hannes Reichelt, der 0,41 zurücklag. Marc Gisin schafft ein Exploit auf der Streif nach drei sehr schwierigen Jahren: er wird toller Fünfter.
Fast eine Minute lang schrie das deutsche Kraftpaket seine Freude hinaus. Was das Ergebnis noch sensationeller erscheinen lässt, ist der Umstand, dass es laut seiner eigenen Zählung erst Dreßens vierte Fahrt über die komplette Strecke war, wie er selbst in einer ersten Reaktion sagte. „Einfach nur geil. Es war immer ein Traum, einmal eine Weltcup-Abfahrt zu gewinnen und Kitzbühel auch. Dass ich das jetzt auf einem Streich geschafft habe, ist einfach nur unglaublich“, meinte der 24-Jährige.
Als er dann tatsächlich den Einser auf der Anzeigetafel aufleuchten sah, habe er im ersten Moment gedacht, „man will mich verarschen ein bisschen“, meinte der Gewinner. Bei besser werdender Sicht mit Fortdauer des Rennens nutzte Dreßen seine Startnummer 19 optimal aus und flog förmlich zum Sieg. Um den letzten deutschen Sieger in Kitzbühel ausfindig zu machen, muss man noch tiefer in den Geschichtsbüchern graben. Es handelt sich dabei um Josef „Seppi“ Ferstl, dem dies genau am heutigen Tag vor 39 Jahren gelungen war. Sein Sohn, Josef „Peppi“ Ferstl stand heute am Start in Kitzbühel und wurde zwanzigster. Seppi Ferstl, gemeinsam mit dem rekonvaleszenten Felix Neureuther, waren einer der Ersten die Dreßen im Ziel gratulierten.
„Wer weiß, vielleicht hat von oben wer zugeschaut und hat die Sonne ein bisserl mehr scheinen lassen bei mir“, erklärte Dreßen. Zu dem Startnummern-Geschenk kam er nur, weil Reichelt und Aleksander Aamodt Kilde diese Nummer übrig ließen. „Danke an Hannes Reichelt“, richtete Dreßen, der mit seiner Freundin im oberösterreichischen Traunviertel lebt, aus.
Mit einer guten Fahrt hatte Hannes Reichelt den Showdown auf der Streif mit Nummer 1 eröffnet. Beat Feuz hatte sich nach einer sensationellen Fahrt vielleicht schon als Kitzbühel-Sieger 2018 gesehen, nachdem er, vor allem mit einer sehr guten Linie am Hausberg und in der Traverse, Reichelt hinter sich gelassen hatte. Zittern musste Feuz bei der Fahrt von Vincent Kriechmayr, der nach sehr guten Zwischenzeiten die Linie im Zielhang verpatzte und schließlich auf dem vorübergehenden Rang 3 landete.
Letztlich wurde Kriechmayr Vierter, gefolgt von Marc Gisin, der bei deutlich schlechteren Sichtverhältnissen eine sehr gute Fahrt präsentierte und lange Zeit mit Dreßen mithalten konnte, gefolgt vom nächsten Deutschen Andreas Sander, der mit Nummer 20 den 6. Rang erreichte. Eine sehr respektable Leistung bot auch der Franzose Brice Roger, der mit der hohen Startnummer 31 noch auf den 7. Rang fuhr und damit sein bestes Weltcup-Ergebnis erreichte. Etwas hinter den Erwartungen zurück blieben die Norweger. Svindal war am Ende als Achter in einer Abfahrt so schlecht klassiert wie seit 2013 in Kitzbühel nicht mehr, als er Neunter wurde. Kjetil Jansrud wurde Zehnter.
Der drittbeste Schweizer auf der Streif war am heutigen Tag der Bündner Mauro Caviezel mit dem 14. Rang. Gilles Roulin belegte den 24. Rang, Patrick Küng den 29. Ohne Weltcuppunkte bleiben heute Nils Mani (Platz 35), Urs Kryenbühel (Platz 39), Gian Luca Barandun (Platz 40) und Ralph Weber (Platz 43).
Große Emotionen im Zielraum hatte heute Marc Gisin erlebt. Fast genau drei Jahre nach seinem fürchterlichen Sturz auf der Streif, erfüllt er endlich seinen Traum: Gisin konnte sich mit dem heutigen fünften Platz einen Startplatz in der Olympia-Abfahrt sichern. Drei verrückte und schwierige Jahre sind für Marc Gisin endlich vorbei.
Überschattet war die Abfahrt in Kitzbühel von einigen spektakulären Stürzen, die glücklicherweise glimpflich ausgingen. Christof Innerhofer und Johan Clarey verloren bei der langen Linkskurve vor dem Zielhang das Gleichgewicht und kamen zu Sturz, wobei Clarey von den Fangnetzen aufgefangen wurde. Jared Goldberg stürzte in der Traverse in aufsehenserregender Manier, konnte jedoch auch selbst ins Ziel fahren. Matthias Mayer, am Vortag Dritter im Super-G, riskierte vom Start weg viel und konnte schließlich in der Traverse nur mit großer Mühe einen Sturz vermeiden. „Der Speed hätte gepasst, aber es hat mich so oft zusammengedrückt. Ich hatte Glück. Angefühlt hat es sich nicht fein, ich spüre es immer noch ein bisserl“, erzählte der Kärntner, der als 34ster ohne Weltcuppunkte blieb.
Dreßen hatte im November 2017 als Dritter in Beaver Creek (CAN) schon den ersten deutschen Stockerlplatz in einer Speed-Disziplin seit 2010 wahrgemacht. Kurz vor Weihnachten schaffte Josef „Peppi“ Ferstl Junior als Gewinner des Gröden-Super-G den ersten Speed-Erfolg eines Deutschen seit Max Rauffer, der im Dezember 2004 ebenfalls in Gröden die Abfahrt gewonnen hatte.
Foto: Agence Zoom
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