Nach einer Pause von acht Jahren, in denen einmal wegen zu viel und einmal wegen zu wenig Schnees keine Rennen in St. Anton am Arlberg stattfinden konnten, können dieses Jahr wieder die klassischen Arlberg-Kandahar-Rennen im traditionsreichen Wintersportort am Arlberg stattfinden. Die US-Amerikanerinnen haben die letzten beiden Arlberg-Kandahar-Abfahrten gewonnen: Lindsey Vonn im Jahr 2007 und Alice Mckennis Duran im Jahr 2013. Bei strahlendem Wetter ging am heutigen Samstag die Abfahrt der Damen auf der anspruchsvollen Karl-Schranz-Strecke über die Bühne. Wenn auch im Zielgelände keine Zuschauer zugelassen waren, so verfolgten doch zahlreiche Skiläufer entlang der Strecke das Rennen und feuerten die Läuferinnen an, was zumindest für etwas Stimmung sorgte. Im Zielstadion hingegen standen zahlreiche Schneemänner, die im Rahmen einer sozialen Aktion in den vergangenen Tagen errichtet worden waren, wobei Spenden für ein karitatives Projekt in Afrika gesammelt werden.
Das Rennen selbst entschied die Italienerin Sofia Goggia für sich – und das in überlegener Manier. Mit einer risikoreichen Fahrt und einer engagierten Linienwahl deklassierte sie die Konkurrenz um fast eine Sekunde. Die zweitplatzierte Österreicherin Tamara Tippler lag 0,96 Sekunden zurück, die drittplatzierte Amerikanerin Breezy Johnson schon 1,04 Sekunden. „Nachdem ich im Ziel gesehen habe, dass ich eineinhalb Sekunden schneller als im Training war, wusste ich, dass ich das Rennen gewinnen kann“, meinte Goggia im Ziel. Vor allem in der zweiten Hälfte der Strecke sei sie volles Risiko gegangen.
Für die Österreicherinnen reichte es zwar nicht zum ersten Abfahrtssieg seit vier Jahren, aber dennoch freute sich die gesamte Mannschaft über den zweiten Platz von Tarmara Tippler. Die Steirerin schaffte damit ihr bestes Resultat in einer Weltcupabfahrt, nachdem sie schon zweimal im Super-G Zweite gewesen war. „Es freut mich, dass ich auch einmal in einem Rennen zeigen konnte, was ich draufhabe“, meinte sie im Ziel freudestrahlend. Nach dem Training habe sie sich vorgenommen, einfach voll auf Angriff zu fahren.
Die Trainingsschnellste Tschechin Ester Ledecke verlor heute auch mehr als eine Sekunde auf Sofia Goggia und wurde Vierte. Den fünften Platz erreichte eine junge Landsfrau der Siegerin, Laura Pirovano. Die erst 23jährige Dame aus Trient lieferte damit eine beeindruckende Talentprobe ab. Die Abstände hinter der Siegerzeit von Goggia waren ausgesprochen knapp. Zwischen der zweitbesten und der 22. Zeit lagen weniger als eine Sekunde.
Die übrigen Österreicherinnen waren abgesehen von Tippler mit ihren Fahrten allesamt nicht ganz zufrieden. Nach einem guten Mittelteil kämpfte Stephanie Venier im Mittelteil mit einigen Problemen und wurde schließlich Elfte. Ramona Siebenhofer wurde 17., gefolgt von Christine Scheyer als 18., was für die Vorarlbergerin nach ihrer langen Verletzungspause einen Achtungserfolg bedeutete. Rosina Schneeberger konnte als 25. erstmals in einer Weltcupabfahrt Punkte sammeln. Mirjam Puchner wurde 30., was für sie nach guten Trainingsleistungen enttäuschend war. Für Nina Ortlieb endete ihr Heimrennen schon nach kurzer Fahrt. Die für den Skiclub Arlberg startende Läuferin stürzte wenige Tore nach dem Start. Ihr Fokus gilt nun voll und ganz dem morgigen Super-G.
Die erfolgsverwöhnten Schweizerinnen konnten mit den absoluten Spitzenzeiten am heutigen Tag nicht mithalten. Corinne Suter verpasste vor allem im unteren Bereich der Strecke mehrmals die Ideallinie und wurde Sechste. Sie stand damit erstmals in dieser Saison in einer Abfahrt nicht am Podest. Lara Gut-Behrami war nach der Bestzeit im ersten Training mit großen Erwartungen ins Rennen gegangen. Sie wurde am Ende immerhin Achte. In den Weltcuppunkterängen landeten auch Jasmine Flury (14.), Michelle Gisin und Joana Hählen (beide 20.) sowie Jasmina Suter (28.). Für deren Schwester Juliana Suter endete das Rennen dramatisch. Beim letzten Tor kam sie schwer zu Sturz, wobei sich ihr Knie verdrehte. Sie überquerte die Ziellinie zwar noch, musste dann aber verarztet werden und bekam auch von ihrer Schwester Mut zugesprochen.
Bei den heutigen Weltcup-Rennen in St. Anton ging es nicht nur um die Medaillenvergabe. Auch ein bemerkenswertes Comeback fand heute in St. Anton statt: Die Olympionikin und Speed-Veteranin aus den USA, Laurenne Ross, die aufgrund einer Knieverletzung die gesamte Saison 2019-20 aussetzen musste, kehrte heute mutig an das Start zurück. Nachdem sie den schrecklichen Sturz ihres Partners Tommy Ford in Adelboden, kurz vor ihrem Rennen mit ansehen musste, fand Ross den Mut, nach einer massiven 704-tägigen Pause zum ersten Mal wieder an den Weltcup-Start zu gehen. Ross beendete das Rennen auf Platz 39.
Der morgige Super-G in St. Anton am Arlberg beginnt um 11.30 Uhr.
Foto: Agence Zoom
Feedback