Eine der größten Tragödien in der Geschichte des alpinen Skirennsports jährte sich in der vergangenen Woche zum 30. Mal. Bei der Qualifikation zur Laubernhornabfahrt kam der 2ojährige Rennläufer Gernod Reinstadler im Ziel-S auf verhägnisvolle Art zum Sturz und flog unbebremst in das Sicherheitsnetz. Durch die unglücklichen Umstände erlitt er schwerste Verletzungen im Bereich des Unterleibs. An diesen verstarb er kurz nach Mitternacht im Spital von Interlaken. Das dramatische Unglück am Lauberhorn hat zu einem Umdenken in Sicherheitsfragen geführt, vor allem was die Beschaffenheit der Fangnezte betrifft. Auch Qualifikationsrennen bei Abfahrsläufen wurden in der Folge nicht mehr durchgeführt. „Das Schicksal unserer Sohnes hat vielen anderen Rennläufern das Leben gerettet“, wurde Reinstadlers Mutter vergangene Woche in der ZEIT zitiert.
Der aus dem Tiroler Pitztal stammende Rennläufer entstammte einer Familie, die dem Skisport eng verbunden war. Seine Mutter Traudl geb. Eder war selbst alpine Skirennläuferin, sie erreichte in den frühren 1960er Jahren zahlreiche Siege und Podestplätze bei prestigeträchtigen Rennen – noch vor der Einführung des alpinen Skiweltcups. Sein Vater war in St. Christoph am Arlberg unter Stephan Kruckenhauser als Ausbilder von Skilehrern tätig. Ihr Sohn Gernot nahm im Kader des ÖSV an den Juniorenweltmeisterschaften 1988 und 1989 teil und galt als aufstrebendes Talent innerhalb der österreichischen Mannschaft, der für seinen Mut bekannt war. Nach den beiden Trainingsläufen bei der Lauberhorn-Abfahrt ging er mit Start Nummer 44 in den Qualifikationslauf, der ihm schließlich zum Verhängnis wurde.
Sein um 12 Jahre älterer Teamkollege Peter Wirnsberger hatte Reinstadler auf der Reise nach Wengen im Pitztal abgeholt. Bei der Heimreise bogen die beiden wiederum in Imst ab, um die Eltern des verunglückten jungen Rennläufers zu besuchen. „Dieser Besuch kostete mich mehr Überwindung, als danach auf den Rennstrecken wieder 100 Prozent zu geben“, wurde er dieser Tage in der NZZ zitiert. Bei der Beerdigung des jungen Kollegen war Wirnsberger einer der Sargträger und hielt eine Trauerrede, aus der in der vergangenen Wochenende mehrmals Ausschnitte zu sehen waren.
An der Unglücksstelle in Wengen erinnert seit 1992 eine Gedenktafel an Gernot Reinstadler, der hier mit nur 20 Jahren sein Leben verlor. Seine Eltern haben heute noch Hochachtung vor dem Organisationskomitee der Lauberhorn-Rennen, dass diese die Wettbewerbe nach dem Unglück absagten, obwohl das mit großen finanziellen Risiken verbunden war. Sie verzichteten auf jegliche juristischen Schritte, was sie auch in Interviews in der vergangenen Woche betonten. Durch die Maßnahmen nach dem Unglück ist der Abfahrtssport zweifellos sicherer geworden, große Gefahren gibt es aber bis heute. Das letzte tödliche Unglück bei einem Weltcuprennen ereignete sich 1994 in Garmisch-Partenkirchen, wo Ulrike Maier nach einem tragischen Sturz verstarb. Das hohe Risiko, das Abfahrerinnen und Abfahrer bis heute eingehen, kam aber auch seither immer wieder zum Ausdruck, nicht zuletzt im Unglück des Franzosen David Poisson, der im November 2017 beim Training in Kanada tödlich verunglückte.
Foto: sterbbilder.schwemberger.at
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